Ich lebe seit über 40 Jahren an der Costa Brava, lernte Land und Leute kennen, als Franco noch für “Zucht und Ordnung” sorgte und die meisten Katalanen sich (fast) damit zufrieden gaben, “bon dia” statt “buenos días” sagen zu dürfen. Jedoch kommt es mir immer fremder vor, das verstaubte, irrationelle und ungerechte Spanien, das viel mehr als nur die Rettung seiner Banken braucht. Meine tiefe Enttäuschung reicht mittlerweile weiter als die Schienen des Hochgeschwindigkeitszugs AVE, dessen Millionen teure, nagelneue Bahnhöfe teilweise schon wieder geschlossen werden müssen, weil die Passagiere sich die Fahrkarten nicht erlauben können. Sie reicht auch weiter als die Geisterflughäfen, die kein Mensch braucht, oder die ungerechten Mautgebühren auf katalanischen Autobahnen, die andernorts in Spanien niemand bezahlen muss. Die Entfremdung und die Enttäuschung werden langsam zur Wut, fast sogar zum Hass.
Vor vielen Jahren hatte ich bereits darauf verzichtet, spanischer Staatsbürger zu werden. Und um Katalane zu sein, brauche ich keinen spanischen Paß. Die, mit denen ich mich identifiziere, halten ihre Ausweise auch für „ausländische“ Dokumente. Also bin ich ganz einfach ein ‚adoptierter‘ Katalane mit deutschem Paß, so, wie die meisten Katalanen einen spanischen Reisepaß besitzen. Und fertig, dachte ich mir, bis meine ‚Residencia‘, also meine Aufenthaltsbescheinigung ablief. Da es sie in der ‚alten‘ Form nicht mehr gibt, musste ich ein neues Dokument beantragen, eine sogenannte NIE-Nummer, ein „Zertifikat der Nummer zur Identifizierung von Ausländern“. Allein schon der Name erinnert an Zeiten vordemokratischer Regime. Beantragt wird der Wisch bei der spanischen Nationalpolizei – mittels persönlicher Vorstellung und nur in der Wache der Provinzhauptstadt Girona. Also fuhr ich gut vorbereitet dorthin, mit allen Papieren, die lt. Webseite verlangt wurden. Allerdings konnte ich das leider nicht telefonisch prüfen, denn alle Telefonnummern, die „Ausländern“ (ohne zwischen EU- und Nicht-EU-Bürgern zu unterscheiden) zur Verfügung gestellt werden, werden auf dieselben Anrufbeantworter umgeleitet und sind der beste Beweis für die Mißachtung der spanischen Administration den Menschen gegenüber.
Nachdem ich in den Kellergewölben der Polizeiwache in Girona miterleben musste, dass illegale Immigranten von spanischen Behörden nur dann hilfreich und menschlich behandelt werden, wenn Fernsehkameras dabei sind, ging ich hoch in die erste Etage, wo sich die Abteilung „EU-Bürger“ befindet, die allerdings auch von unzähligen Marokkanern besucht wird. „Abgefertigt“ wurde ich von einer jungen Polizistin, die leider noch lernen muß, dass sie dafür bezahlt wird, den Bürgern einen Dienst zu erweisen. Als erstes forderte sie mich auf, gefälligst spanisch zu sprechen, denn schließlich würden wir uns ja bei der Polizei auf spanischem Hoheitsgebiet befinden. Und nur weil ich wirklich nur meinen Wisch und kein Theater wollte, schluckte ich meine Wut demütig herunter, zählte kurz bis zehn und holte meine Papiere aus der Tasche. Das schien sie jedoch nur wenig zu beeindrucken. „Soll ich ihnen sagen, was Sie brauchen?“ war alles, was sie zu meinem Fleiß zu sagen hatte. „Es gibt ein neues Gesetz und das, was auf der Internetseite steht, ist seit über drei Wochen ungültig. Und das ist genauso wenig meine Schuld, wie die kaputte Telefonzentrale, die wir den Bürgern zur Verfügung stellen“, ‚rotzte‘ sie mich an. Danach unterbrach sie meine Abfertigung, um sich lauthals mit einer Kollegin in der anderen Ecke des Großbüros zu unterhalten, natürlich ohne ihren Allerwertesten auch nur einen Milimeter vom Stuhl zu erheben!
Es kann im 21. Jahrhundert nicht angehen, daß ein Staat es zulässt, ehrenwerte Bürger von seinen Beamten so abwertend behandeln zu lassen. Und es geht auch nicht, daß er den Bürgern ihre Zeit stiehlt oder sie dazu verpflichtet, hunderte von Kilometern zu fahren und unnütze Parkgebühren zu bezahlen, nur weil er unfähig ist, seine Webseiten auf dem letzten Stand zu halten.
Jetzt werde ich in Katalonien wie ein undokumentierter Immigrant leben und dann schau’n wir mal, was passiert.
Vor vielen Jahren hatte ich bereits darauf verzichtet, spanischer Staatsbürger zu werden. Und um Katalane zu sein, brauche ich keinen spanischen Paß. Die, mit denen ich mich identifiziere, halten ihre Ausweise auch für „ausländische“ Dokumente. Also bin ich ganz einfach ein ‚adoptierter‘ Katalane mit deutschem Paß, so, wie die meisten Katalanen einen spanischen Reisepaß besitzen. Und fertig, dachte ich mir, bis meine ‚Residencia‘, also meine Aufenthaltsbescheinigung ablief. Da es sie in der ‚alten‘ Form nicht mehr gibt, musste ich ein neues Dokument beantragen, eine sogenannte NIE-Nummer, ein „Zertifikat der Nummer zur Identifizierung von Ausländern“. Allein schon der Name erinnert an Zeiten vordemokratischer Regime. Beantragt wird der Wisch bei der spanischen Nationalpolizei – mittels persönlicher Vorstellung und nur in der Wache der Provinzhauptstadt Girona. Also fuhr ich gut vorbereitet dorthin, mit allen Papieren, die lt. Webseite verlangt wurden. Allerdings konnte ich das leider nicht telefonisch prüfen, denn alle Telefonnummern, die „Ausländern“ (ohne zwischen EU- und Nicht-EU-Bürgern zu unterscheiden) zur Verfügung gestellt werden, werden auf dieselben Anrufbeantworter umgeleitet und sind der beste Beweis für die Mißachtung der spanischen Administration den Menschen gegenüber.
Nachdem ich in den Kellergewölben der Polizeiwache in Girona miterleben musste, dass illegale Immigranten von spanischen Behörden nur dann hilfreich und menschlich behandelt werden, wenn Fernsehkameras dabei sind, ging ich hoch in die erste Etage, wo sich die Abteilung „EU-Bürger“ befindet, die allerdings auch von unzähligen Marokkanern besucht wird. „Abgefertigt“ wurde ich von einer jungen Polizistin, die leider noch lernen muß, dass sie dafür bezahlt wird, den Bürgern einen Dienst zu erweisen. Als erstes forderte sie mich auf, gefälligst spanisch zu sprechen, denn schließlich würden wir uns ja bei der Polizei auf spanischem Hoheitsgebiet befinden. Und nur weil ich wirklich nur meinen Wisch und kein Theater wollte, schluckte ich meine Wut demütig herunter, zählte kurz bis zehn und holte meine Papiere aus der Tasche. Das schien sie jedoch nur wenig zu beeindrucken. „Soll ich ihnen sagen, was Sie brauchen?“ war alles, was sie zu meinem Fleiß zu sagen hatte. „Es gibt ein neues Gesetz und das, was auf der Internetseite steht, ist seit über drei Wochen ungültig. Und das ist genauso wenig meine Schuld, wie die kaputte Telefonzentrale, die wir den Bürgern zur Verfügung stellen“, ‚rotzte‘ sie mich an. Danach unterbrach sie meine Abfertigung, um sich lauthals mit einer Kollegin in der anderen Ecke des Großbüros zu unterhalten, natürlich ohne ihren Allerwertesten auch nur einen Milimeter vom Stuhl zu erheben!
Es kann im 21. Jahrhundert nicht angehen, daß ein Staat es zulässt, ehrenwerte Bürger von seinen Beamten so abwertend behandeln zu lassen. Und es geht auch nicht, daß er den Bürgern ihre Zeit stiehlt oder sie dazu verpflichtet, hunderte von Kilometern zu fahren und unnütze Parkgebühren zu bezahlen, nur weil er unfähig ist, seine Webseiten auf dem letzten Stand zu halten.
Jetzt werde ich in Katalonien wie ein undokumentierter Immigrant leben und dann schau’n wir mal, was passiert.
Thomas Spieker
Freie, vom Autor selbst übersetzte und für deutschsprachige Leser erweiterte Fassung einer Meinungskolumne aus dem Diari de Girona.
Vom selben Autor: Der verrückte Staat
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